Pack ich das nochmal?

   Das muss jetzt wohl einfach so sein! Die Zweifel kriechen so langsam um die Ecke und legen sich mit all ihrem Gewicht auf mein Gemüt. Schaffe ich das wirklich nochmal? Überschätze ich meine Leistungsfähigkeit? Bin ich tatsächlich fit genug für diese Dauerbeanspruchung? Oder wird man unterwegs fit genug? Ist das jetzt falscher Ehrgeiz? Meine Kinder sagen ja vielleicht nicht umsonst "alter Mann" zu mir. Verdammt, Reinhard Wagner, du bist 64!

   Seit meiner England-Durchquerung auf dem Coast to Coast Walk 2011 bin ich nicht mehr ganz alleine unterwegs gewesen - und jetzt gleich für dreieinhalb Monate... Letztes Jahr, auf dem Jakobsweg, habe ich die Begleitung durch Anni und Sira schon genossen. Wird mir der Partner fehlen, den ich immer ansprechen kann, der mir zuhört, dem ich zuhöre, mit dem ich lache, vielleicht auch mal kurz grolle, der bei kleinen Handgriffen hilft, der Verantwortung übernimmt, wenn man selbst das nicht will oder kann? Bin ich mir wirklich selbst genug?

   An risikoreiche oder gar gefährliche Situationen will ich gar nicht denken. Ich unternehme keine Himalaya-Expedition und paddel nicht den Amazonas hinunter. Ich verspreche, immer Vorsicht und Vernunft walten zu lassen, meine Grenzen zu akzeptieren. Ich verspreche, unterwegs immer gut zu essen und vor allem viel zu trinken. Das habe ich früher (und selbst zuletzt auf dem Jakobsweg) nicht konstant genug betrieben.

   Kopfzerbrechen macht mir noch der Schnee. Ja, der Schnee! Der Winter ist zwar in unseren heimatlichen Breitengraden komplett ausgefallen, aber ist er wirklich jetzt komplett vorbei? Oder holt er nochmal die Keule raus? Im Moment liegt auf den Höhen des Schwarzwalds immer noch einiges an Schnee, nicht so viel wie manches Jahr zuvor, aber auf dem Feldberg immer noch über einen halben Meter. Möglicherweise werden dort die Alternativen Schnee oder tiefgründiger Matsch sein, beides nicht die besten Untergründe für meinen Wheelie. Ganz zu schweigen vom St. Bernhard-Pass! Im Moment liegt dort der Schnee noch meterhoch. OK, bis dahin sind es noch gute zweieinhalb Monate, aber der Pass wird nicht umsonst erst am 1. Juni für den Autoverkehr geöffnet. Für den Fußgänger soll das schon eher möglich sein, aber wer weiß...

   Wie schaffe ich die Alpenüberquerung mit meinem Wheelie? Kann ich ihn auf den Bergpfaden wirklich hinter mir herziehen oder muss ich mir das gesamte Teil irgendwann mal für eine Zeit lang auf den Buckel hieven? Der Weg zum St-Bernhard-Pass hoch ist mit Sicherheit eine andere Nummer als die Pyrenäen hinauf.

   Und dann wieder diese Sprachbarrieren: Französisch in der Schweiz, Italienisch (was sonst!) in Italien - keiner dieser Sprachen bin ich mächtig! Das wird wieder spannend. Gestik - Mimik - Kauderwelsch, irgendwas bzw. all dies wird mir wieder weiterhelfen müssen.

   Nachdem ich das jetzt alles mal hier aufgeschrieben und nochmal überdacht habe, setzt sich bei mir doch wieder Zuversicht durch. Ich schaffe das! Und wisst Ihr warum? Weil an den ersten drei Paragraphen des "Kölschen Grundgesetzes" viel Wahres dran ist:

§1: Et es wie et es

§2: Et kütt wie et kütt

§3: Et hätt noch immer jot jejange

 

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Kommentare: 1
  • #1

    opaundafrikapilgern (Freitag, 07 März 2014 22:07)

    Wir glauben an dich! Du schaffst das schon... Hör nur ein bisschen auf deinen Körper. Das bisschen Schnee macht mir keine Sorgen... Und du und viel trinken: Dass ich nicht lache!


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