Unverhofft kommt oft!

Dreifelder Weiher - Montabaur (26 km)

   Gestern Abend hatte ich mal wieder Probleme mit der Kommunikations-technik, d.h. mit dem Blog. Nachdem ich den Text relativ schnell geschrieben hatte, wollte mir das Einstellen ins Netz nicht so recht gelingen. Und wer mich kennt, weiß, dass es dann zu einem Tobsuchtsanfall nicht weit ist. Um das zu verhindern, griff ich nach meinem Handy, um Sohnemann Sebastian anzurufen, einen meiner Helfer in vielen Lebenslagen, besonders bei der Kommunikationstechnik. Als er das Gespräch annahm, hörte ich, dass er noch Auto fuhr, die freundliche Stimme der netten Dame aus dem Navi klang bis zu mir hinüber. Armer Junge, dachte ich, zu solch später Stunde noch beruflich unterwegs. Ich schilderte Bastia mein Problem, er schien aber mit der Darstellung des Sachverhalts nicht viel anfangen zu können und erklärte mir, dass er mich in ca. 20 Minuten nochmal zurückriefe.

 

   

 

   Er rief nach 15 Minuten zurück. “So, jetzt sag mir nochmal, was du für Sorgen hast!“ Ich tat es mit sich steigernder Erregung. “Und dabei soll ich dir jetzt helfen...?“ - “Ja bitte, Basti!“ - “Dann mach doch mal die Tür auf!“ - ????? - In diesem Moment schaue ich zur Tür - und sehe Bastis breit grinsendes Gesicht vor meiner Weinfasstür. Meine verblüffte Miene kam wohl der eines orientierungslosen Weihnachtskarpfens sehr nahe. Basti amüsierte sich diebisch, als ich ihm die Tür öffnete und ihn hineinzog.

   Ich liebe meine Kinder! Immer wieder sind sie für solche Aktionen gut. Diesmal wollte er mich einfach mal überraschen. Florian beabsichtigte, mit meinem Enkelkind Amelie auch noch zu kommen, hatte es aber zeitlich nicht mehr geschafft. Dafür kommen die beiden morgen früh und bringen eine Kanne Kaffee mit. Das ist ideal, denn das Campingplatz-Restaurant öffnet erst um 9 Uhr und dann will ich eigentlich schon weg sein.
   

So widmeten Basti und ich uns dem Kommunikationsproblem und nach geraumer Zeit war es (zunächst mal) gelöst. Darüber war es spät geworden und mein Sohn beschloss, neben mir im Weinfass zu nächtigen. Unverhofft kommt eben oft.
   

Florian und Amelie kommen tatsächlich heute Morgen mit der Kanne Kaffee und es wird eng im Weinfass. Aber ich genieße nochmal den kurzen gemeinsamen Moment mit den Dreien. Ich verdrücke das inzwischen etwas trocken gewordene Brot von Frau Nickel und das ebenfalls von dort gestern mitgenommene Ei. Dann werde ich aber unruhig, ich muss los. Eigentlich wollte ich schon seit einer Stunde unterwegs sein.

 Eine kurze Weile begleiten mich die Drei noch die Straße am Dreifelder Weiher entlang, dann heißt es (ein weiteres Mal) Abschied nehmen. Ich merke, dass mir das in letzter Zeit immer schwerer fällt.
  

Spontan entscheide ich mich, heute eine direktere Route zu gehen, um die Stunde, die ich später losgegangen bin, wieder einzuholen. Das funktioniert auch ganz gut, auch wenn etwas mehr Straßenkilometer dabei sind. Aber das juckt mich ja überhaupt nicht. Bald schon lege ich ein Wandertempo hin, das ideal ist, um jedes Blatt an den Bäumen einzeln zu betrachten. Ich lasse die friedliche Natur in mein Inneres und auf meine Stimmung wirken. Da stört mich auch das nur suboptimale Wetter nicht. Fast jeden Moment ist damit zu rechnen, dass es regnet. Es ist nochmal etwas kälter geworden und der Wind ist bissig. Kein Wetter, das mich stört.


 

  

Auf der Anhöhe hinter Freilingen genieße ich gerade den weiten Ausblick Richtung Westen bis zum Siebengebirge, als neben mir auf der Straße ein junger Bursche mit seinem Kleinwagen anhält. “Soll ich Sie ein Stück mitnehmen?“ Fast hätte ich gefragt, ob ich so bemitleidenswert aussehe, bedanke mich dann aber freundlich für das Angebot. So ganz weiß ich auch nicht, ob der junge Mann die Dimensionen seines Wagens richtig einschätzt. Ich hätte ja noch zusätzlich reingepasst, aber mein Wheelie ist ja länger als das Auto.

  

Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass ich anscheinend etwas Besonderes darstelle. Pausenlos werde ich angesprochen, Hunde und Pferde, die an Leinen an mir vorbeigeführt werden, machen einen großen Bogen um mich. Wahrscheinlich ist den Tieren mein Wheelie mit dem neongelben Regenüberzug nicht ganz geheuer.
   

Kurz vor Montabaur stoße ich endlich auf den E1, einen Europäischen Fernwanderweg, den ich vor Urzeiten schon mal von Flensburg bis nach Genua abgelaufen bin. Damals, es muss 1980 gewesen sein, habe ich ebenfalls in der Jugendherberge in Montabaur übernachtet. Lang, lang ist es her...

   

Und dann wieder die Duplizität der Ereignisse: Fast zur gleichen Zeit wie gestern, etwa einen Kilometer vor meinem heutigen Etappenort, geht ein Wolkenbruch nieder. Unter meinem Schirm kann ich damit recht gut umgehen. Größere Probleme haben die 22 Mannen, die auf dem Fußballplatz am Stadtrand von Montabaur in ihrem Samstagsspiel dem runden Leder nachjagen. Das war einer der Gründe, warum ich früher nur Hallensport betrieben habe.

   

 

   Nach einem Gang durch Montabaurs schöner Altstadt, mache ich eine immer wiederkehrende Erfahrung. Wanderer, kommst du in eine Stadt und suchst die Jugendherberge, so sei gewiss, dass sie sich in aller Regel genau auf der entgegengesetzten Seite derselben befindet, und meist noch auf dem Berg. So auch in Montabaur.
   

In der Jugendherberge ist es ruhig, samstags sind keine Schulklassen zu erwarten. Die Herbergsmutter begrüßt mich freundlich, zieht aber ihre Stirn in Falten, als ich meinen Namen nenne. “Aber Sie haben doch für gestern gebucht...“ Ich werde kurz nervös. Schnell aber ist die Sache geklärt. Da ich telefonisch gebucht habe, hat sich vielleicht ein Hörfehler eingeschlichen. Zwar ist jetzt kein Einzelzimmer mehr frei und ich bekomme ein Bett in einem 6-Bett-Zimmer, dafür habe ich das Zimmer aber trotzdem für mich alleine. Diese preisgünstigere Variante kommt einem, zunächst nicht so geplanten, warmen Abendessen zugute. Richard Schirrmann, der Gründer des Deutschen Jugendherbergswerks, soll ein Fan von Nudeln gewesen sein, deshalb gibt es in Jugendherbergen wohl so gerne Nudeln. Ich bekomme Spätzle mit Putengeschnetzeltem, und davon jede Menge. Aber lecker!

 
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Kommentare: 3
  • #1

    Die Pilgertochter (Sonntag, 23 März 2014 18:28)

    Die Wachners! Immer für eine Überraschung gut... Da schläft der Papa mit dem Basti in der Liebeslaube... Was sagt mir das über eure Beziehung?!? Schön, wenn ihr nochmal eine nette gemeinsame Zeit hattet...

  • #2

    Sebastian (Sonntag, 23 März 2014 18:52)

    Tja Anni, einmal musste ich doch auch mal mit unserem Pilgervater ein Zimmer teilen. Gut, ein Zimmer war es eigentlich nicht...

  • #3

    Der Kronprinz (Dienstag, 01 April 2014 17:46)

    Hahaha, der Basti! Wie geil!!!


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